Die Dame mit dem traurigen Blick, die in Wirklichkeit nur einen Kaffee trank, verwandelte sich unter meiner Feder in eine Absinthtrinkerin.
Absinth, auch die grüne Fee genannt, war das Kultgetränk unter den Künstlern der Jahrhundertwende der Belle Epoque.
14.November 2019
Inzwischen habe ich um die 400 Köpfe in meinen kleinen Skizzenbüchern.
Der Reiz aus ihnen mehr zu machen, war von Anfang an da und jetzt kombinier ich das mit dem Erproben verschiedener Techniken und Materialien und das macht einen Riesenspaß.
Warten bis der Arzt kommt
The Lady with the red wine
Sketchbook
Ink - Collage on Paper
20 x 20 cm
2019
Diese Dame älteren Datums fand ich im Cafè schräg gegen über von einem Unternehmen, das Getränkeverpackungen herstellt. Sie saß im grauen Kostümchen mit dieser Frisur , auch in Grau und knallrotgeschminckten Lippen , einem jungen Anzugtypen vis-a-vis. Es waren wohl beide Geschäftsleute, die ihre Pause hier verbrachten. Ich sammle solche Anblicke mit Vergnügen und ergänzte meine Sammlung in meinem Skizzenbüchlein mit diesem ihren Kopf. Sie war sichtlich stolz auf ihr Outfit und insbesondere auf ihre Frisur.
Das Projekt Kopf-Kino
Eine Ausstellung besonderer Art bei der Künstlerin Bina
Am Wochenende 2. – 3. September fand das Offene Atelier bei Bina Placzek-Theisen im Rahmen des Linnicher Kultursommer statt. In ihrer Ausstellung zeigte die Künstlerin ca kleine Zeichnungen von Köpfen.
Das spontane, das schnelle Erfassen, das liegt Bina Placzek-Theisen, das sieht man in den 3 Min Skizzen von menschlichen Köpfen ,in den 10 Min Aktskizzen vom Modell und in den10 Min Cartoonbildchen , die einen aus dem Ruder geratenen Plauder-Chat in einem renommierten Kochforum im Netz begleiten. In ihrem offenen Atelier gibt es viel zu sehen. Neben den vielen Zeichnungen , kleinen Aktaquarellen findet man auch Drucke und Radierungen, ihre neueste Leidenschaft.
Schon immer beeindruckten sie die Skizzen grosser Künstler mehr als deren ausgearbeiteten Gemälde. So liebt sie die vielen Zeichnungen da Vincis , die er anfertigte um zum Beispiel das Aufbäumen eines Pferdes, den Schrei eines Kriegers, den Strudel im Wasser oder das Fliegen einer Feder zu erfassen um einiges mehr als seine berühmte Mona Lisa oder das Abendmahl.
In den Skizzen kann sich der Mensch nicht verstellen, meint Bina, durch das spontane Zeichnen filtert man nicht.
Im Fokus steht bei ihr immer der Mensch, so hat sich die Künstlerin diesmal die Köpfe ihrer Mitmenschen vorgenommen, genau gesagt hauptsächlich ihre Profile. „ Unglaublich wie verschieden die Profile sein können“ sagt sie „ dabei haben alle das gleiche Grundgerüst“. So gibt es Kinn und Stirn, die flüchten oder sich nach vorn recken, Nasenrücken sind in “ Konvex“ oder “ Konkav“ oder einfach nur gerade vorhanden, Lippen überstehend oder eingezogen, und dann erst die Haaransätze! Besonders bei der männlichen Gattung präsentieren sie sich dabei in allen möglichen und unmöglichen Positionen. Ganz beliebt ist die S-Kurve bei den „Geheimräten“ oder die einfache manchmal bis in den Nacken gerutschte, und dann gibt es das „Verdeck mich“ Resthaar, das bei Wind dann doch das „oben ohne“ preisgibt.
So schleppt sie überall ihr kleines Skizzenbüchlein mit und nimmt bei jeder Gelegenheit ihre Mitmenschen heimlich aufs Korn – ähem auf die Bleistiftspitze. In kurzer Zeit und unbemerkt entsteht das Abbild auf dem Papier und der Block füllt sich. Ganz besonders schnell beim Warten in Kliniken und bei Ärzten.
Jeder Besucher fing sofort an, sich selbst im Bildermeer zu suchen, nachdem er erfuhr, daß ein großer Teil hier in der Umgebung entstanden ist, amüsierte sich über die Cartoons mit der Domina, die nach einem Zeitungsartikel aus Bochum entstanden sind: „Frau führt nackten Mann an der Hundeleine über die Straße“ und lachte über die Trump-Karikaturen.
Für das nächste Jahr ist eines neues Projekt für das Offene Atelier geplant und ein weiterer Skulpturenweg an der Rur in Linnich, den sie und ihr Mann Wilfried Theisen jedes Jahr im Linnicher Kultursommer organisieren.
In der VHS Jülich und in der Akademie Altenahr kann man bei ihr Kurse besuchen, Informationen findet man auf ihrer Seite www.bina-art.de
Profile und die Kunst zu radieren
Ich habe mich verliebt, und zwar in die Drucktechnik der Radierung.
Noch ganz am Anfang stehend habe ich mir größenwahnsinnigerweise vorgenommen 100 Köpfe im Profil und im Tiefdruckverfahren an meinem Offenen Atelier im September zu zeigen.
Völlig unbefleckt ging ich an die Sache heran, buchte einen Kurs bei der VHS und schleppte mein kleines Skizzenbüchlein 9 x 9 cm überall mit mir herum, es könnte mir ja überraschend ein Motiv begegnen.
Ganz tapfer trieb ich mich die letzten Monate in Cafés, IKEA und näherer Umgebung herum und nahm meine Mitmenschen aufs Korn, ähh auf die Bleistiftspitze.
Und wieder war ich hingerissen wie unterschiedlich so ein Schädel sich verkleiden kann, dabei besitzt doch jeder das gleiche Grundgerüst.
Unglaublich was es für Profile gibt! Fasziniert von der Vielfalt, Größe und Menge der Kinne, manche sind auf der Flucht, andere hingegen recken sich mit Nachdruck nach vorn, wieder andere fallen einfach herunter.
Es gibt kleine, große, lange kurze, dicke und knochige, sie tragen genauso viele verschiedene Unterlippen, hängende, vorstehende, zurückstehende, eingezogene, vorgewölbte, die dazugehörigen Oberlippen werfen sich auf,- manche stehen unter, nein mit Botox,- beschützen die Unterlippe und geben den sexy Oberbiss -
Und Nasen, ja Nasen gibt es! Fantastisch welche Größe so manche Nase erreicht, nicht nur in der Länge, auch in der Breite, und das muß nicht unbedingt wein- oder gar bierbedingt sein. Andere hingegen recken sich neugierig Dir entgegen.
Konvex, konkav oder vollkommen gerade kann sich der Nasenrücken darstellen.
Augenbrauen in allen Variationen, gerupft, gezupft, gekämmt, verstrubbelt,langgewachsen kurzrasiert, gemalt und selbst gestochen, kurz von Natur bis Fake ist alles dabei.
Und die Stirn, auch sie gibt es in fliehend, in kurz, in lang, in sehr lang und sogar bis in den Nacken reichend.
Also es wird nicht langweilig.
Da mein Plan mit den 100 Köpfen von unterwegs schon vorher feststand, muß ich die Skizzen „nur noch auf die Zinkplatten übertragen und drucken“.
Der Kurs war gebucht, die Platten gekauft, ein großer Teil Köpfe schon unterwegs gezeichnet, es sollte also heute losgehen.
Da kam der alles verändernde Anruf : Der Kurs fällt leider aus, es haben sich zu wenig Teilnehmer angemeldet.
Ich saß wie ange und be- gossen vor meinen Skizzen, den Hörer noch fest in der Hand und traute meinen Ohren nicht. Nach einer Weile fing es in meinem Schädel an zu wispern: Siehste hättste mal überlegt, Du weißt doch, daß die Kurse nicht immer zustande kommen, was machst du jetzt ?